Vielseitigkeitslauf für reinrassige Schlittenhunde (Autor u. © Adelheid Weiss)
Wann fanden die ersten Vielseitigkeitsläufe statt?
Der erste Schlittenhunde-Vielseitigkeitslauf (auf Schnee mit Schlitten), fand in Furtwangen/Neukirch (Schwarzwald) im Jahre 1999 statt. Erfreulich war auch die Resonanz in der Schweiz, die bereits beim ersten Lauf, mit 5 Teams erfolgreich vertreten waren.
- Das Einspannen unserer Samojeden.
- Der Zieleinlauf mit unseren Hunden
Wie aber kam es zu dieser außergewöhnlichen Veranstaltung?
Insbesondere Tourenfahrer in Baden Württemberg hatten die Idee, ein eigenes Rennen (DCNH) zu veranstalten. Dies sollte aber kein Sprintrennen werden, vielmehr sollte jeder Musher die Chance haben, zu beweisen das Schlittenhunde mehr als nur rennen können. Die Vielseitigkeit der reinrassigen Nordischen sollte in den Vordergrund gestellt werden. Die Hunde müssen auf Zuruf der Musher exakt reagieren. Beste Chancen haben beim Vielseitigkeitslauf aufeinander eingestellte Teams, die eine durch Arbeit verbundene Einheit von Mensch und Tier bilden.
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Am Startplatz (Vielseitigkeitslauf in Furtwangen, 2002). Die Vorfreude der Samojeden ist immer groß, egal ob es sich um ein Rennen oder einen Vielseitigkeitslauf handelt
Was sind die Besonderheiten gegenüber bzw. die Unterschiede zum Sprintrennen?
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Die Geschwindigkeit eines Gespannes steht nicht im Vordergrund. Die Strecke soll von den Teams zügig, jedoch ohne Zeitdruck zurück gelegt werden.
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Die Strecken sind meist anspruchsvoll.
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Es gibt meist die Wahlmöglichkeit zwischen zwei Streckenlängen: Strecke 1: ca. 2 x 20 km für alle Kategorien (abhängig von den Schneeverhältnissen) Strecke 2: ca. 2 x 12 km für alle Kategorien (abhängig von den Schneeverhältnissen)
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Es gibt einheitliche Gewichtsvorgaben. Gewicht: mind. 6 kg pro Hund (Vor dem Rennen wird das Gewicht kontrolliert und festgehalten).
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Auf dem Trail sind Aufgaben und Hindernisse, orientiert an der DCNH Leistungsprüfung und an Hindernissen die Tourenfahrer bewältigen müssen, eingebaut. Unterschiedliche Schwierigkeitsgrade(leicht, mittel, und schwer).
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Die artgerechten Aufgaben ermöglichen es auch dem Anfänger Erfolge zu verbuchen. Dass auch noch größere Gespanne den Wettbewerb nicht scheuen brauchen und in der Lage sind den Kurs bravourös zu meistern, zeigten bereits mehrere große Teams von 6 – hin zu 10 Hunden. Außer in den Kategorien S, C1+2, B1 +2, A, O (max. 10 Hunde), kann auch wahlweise in der Tourenklasse gestartet werden.
- Start beim Vielseitigkeitslauf in Furtwangen mit dem Schlitten
Nach der Kontrolle des Notgepäcks darf gestartet werden.
Wie wird gewertet?
Jeder Musher, der ein Hindernis wenigstens versuchsweise angeht, erhält mindestens einen Zeit-Punkt.
Wie verhindert man, das „schnelle Sprinter“ gewinnen?
Die Möglichkeit zu einfachen Durchfahrt oder Vorbeifahrt besteht ja an jedem Hindernis. Wird ein Hindernis gar nicht angefahren, wird die gesamte Zeit-Punkte-Zahl des Hindernisses am Ende auf tatsächlich gefahrene Zeit auf datiert. Man möchte so gewährleisten, das diejenigen welche den Trail einfach mit Höchstgeschwindigkeit durchfährt, auf keinen Fall Sieger werden kann.
Zwei Vergleichs-Beispiele:
So gewannen in der Vergangenheit langsamere Fahrer in ihrer Klasse, dank sehr guter Ergebnisse an den Hindernissen. Dies bedeutete aber nicht, das sie sich erlauben durften auf der Strecke zu „bummeln“. die Geschwindigkeit der Gewinner war dennoch immer sehr flott gewesen.
An jedem Hinderniss stehen 1-2 Bewehrter (die selbst aktive Musher sind), welche die Schlittenhundeteams beobachten und erbrachte Leistungen nach einem Punktesystem bewerten. Diese Bewehrter dürfen gegebenenfalls auch helfen. Je nach Leistung werden unterschiedliche „Zeit-Punkte“ vergeben. Diese, auf der ganzen Strecke „erfahrene Zeit-Punkte“ werden von der tatsächlich gefahrenen Zeit (Zeitmessung: Start-Ziel) abgezogen.
- Hier sieht man unser Samojeden-Team im Nass-Schnee (Furtwangen im Jahr 2002), welches auch nach ca. 16 km und 5 bewältigten Hindernissen noch immer „flott“ unterwegs war.
Detail-Beschreibung der Aufgaben (willkürlich zusammen gestellt) wie sie in Furtwangen gestellt wurden:
DER KREISEL
Meist am Anfang des Parkurs. Die Hunde sind noch voller Elan und sollen nun vom gut sichtbaren Trail abbiegen.
Aufgabenbeschreibung:
Nach Aufgabenschild der Beschilderung folgend einen Kreisfahren.
Schwierigkeitsgrad: leicht – bis 6 Punkte
Bewertungskriterien:
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Kreisel gemäß Beschilderung korrekt durchfahren
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Hunde vom Schlitten (Wagen) aus, nur durch Kommandos gelenkt
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Leithunde reagieren sofort und unverzüglich
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Wheeler halten die Spur
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Harmonische Arbeit des ganzen Gespannes
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sehr gute Motivation
DIE BRÜCKE
Je nach Konstruktion wird die Brücke von den Hunden als zu umfahrendes Hindernis erkannt (insbesondere dann, wenn diese vom Trail abweicht). So kommt es auf den Musher an, seine Hunde zu überzeugen, dass sie dennoch drüber hinweg laufen.
Aufgabenbeschreibung:
Nach dem Signalschild, durch Kommandos das Gespann über eine Brücke lenken.
Der Leithund läuft, ohne das der Musher absteigen muss, auf die Brücke. Sollte dies nicht klappen, kann der Musher auch zum Leithund vor gehen und ihm zeigen, dass er auf die Brücke hinauf laufen soll. Dann gibt er erneut das Kommando zum drüber laufen.
Schwierigkeitsgrad: Mittel – bis 12 Punkte
Bewertungskriterien:
7. Leithunde reagieren sofort auf Richtungskommandos
Problemlose Auffahrt auf die Brücke
8. Zielstrebeiges Überlaufen der Brücke
9. Wheeler halten die Spur
10. HarmonischeArbeit des ganzen Gespannes
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Ankommen am Hindernis (Furtwangen, im Jahre 2000). Der Leithund will zunächst das Hindernis umlaufen (ausweichen). Der Musher gibt das Gegen-Kommando nach rechts (siehe Bild: Der Samojeden-Leithund folgt dem Rechts-Kommando) und dann das Kommando zum Überlaufen der Brücke.
11. Leithunde reagieren sofort auf Richtungs-Kommando.
Jetzt kommt es darauf an, dass die nachfolgenden Hunde hinter dem Leithund her laufen. Wollen diese am Hindernis vorbei laufen, ziehen sie die Leithunde/ den Leithund wieder von der Brücke herunter!
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Problemlose Auffahrt auf die Brücke
12. Zielstrebiges Überlaufen der Brücke
Auf dem letzten Bild ist letztendlich das:
13. Harmonisches Arbeiten des ganzen Gespannes zu sehen.
Der/die Leader wird/werden dazu angehalten möglichst gerade über die Brücke zu laufen und nicht seitwärts von der Brücke zu springen. Zudem sollte/n er/sie die Brücken-Abfahrt weder zu schnell, noch zu langsam ausführen. Zögert er/ zögern sie, so laufen die hintern Hunde auf und treten möglicherweise über die Leine. Verwicklungen wahrscheinlich. Ist er/ sind sie zu schnell, zieht es dem hinteren Hund wohlmöglich die Hinterhand/hände weg, auf der rutschigen Brücke mit Schnee/Matsch.
Also ist das zügige herunter fahren die ideale Geschwindigkeit!
Auch der Musher muss sehen, dass der Schlitten möglichst gerade, über die Brücke lenkt. So bleibt er mit demselben, oder den Leinen am Geländer hängen.
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Brückenüberquerung mit einem grossen (7 Husky`s ) Gespann
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Zeitungs-Bild (Vielseitigkeitslauf in Furtwangen): Einen steilen Abhang hinunter und dann über die natürliche Brücke. Kein Hindernis das in die Bewertung ging, dennoch ein interessanter Abschnitt auf dem Trail.
DAS HINDERNIS
Eine besondere Herausforderung an das Team stellt die Aufgabe „Hindernis korrekt überwinden“ dar. Bei manchen Hindernissen passen nur die Hunde drunter her. Dabei würden sie auch hier eher ausweichen und drum herum laufen.
Aufgabenbeschreibung:
Nach dem Signal-Schild, die Hunde durch ein Hindernis lenken (und sichern). Den Schlitten (Wagen) vom Gespann abhängen, das Hindernis überwinden und danach das Gespann wieder anhängen.
Schwierigkeitsgrad: Schwer – bis 20 Punkte
Bewertungskriterien:
14. Hunde verlangsamen vor dem Hindernis weitgehend auf Kommando
15. Hunde laufen zielstrebig durch das Hindernis
16. Musher sichert das Gespann vorbildlich
Leithunde stehen ruhig und geduldig
17. Ab und anhängen des Gespannes verläuft ruhig, überlegt und vorsichtig
18. Gespann zu jeder Zeit 100% gesichert
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Diese 8 Huskys warten ruhig und diszipliniert, bis ihr Musher den Schlitten abgehängt, um das Hindernis herumgeführt und erneut befestigt hat. Gesichert sind die Hunde vermittels Schneeanker und Sicherheitsleine (am Holzpfosten o.ä.).
DER SLALOM
Insbesondere, wenn die zu umfahrenden Hindernisse bereits überfahren, oder zugeschneit sind, ist diese Aufgabe schwer zu bewältigen!
Aufgabenbeschreibung:
Nach dem Signalschild, einen durch Tannenbäumchen/Tannenwedeln signalisierten Trail folgen.
Schwierigkeitsgrad: Schwer – bis 20 Punkte
Bewertungskriterien: Alle Tore korrekt durchfahren
19. Hunde vom Schlitten (Wagen) aus nur durch Kommando gelenkt
Leithunde reagieren sofort und unverzüglich
Wheeler halten die Spur
Harmonische Arbeit des ganzen Gespannes
Sehr gute Motivation des Teams
- Hier sieht man unser Samojeden-Team im Nass-Schnee (Furtwangen im Jahr 2002), welches auch nach ca. 16 km und 5 bewältigten Hindernissen noch immer „flott“ unterwegs war.
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Auf dem Bild (in Furtwangen 2002) sieht man noch die Tannenwedel und im Vordergrund ein überfahrenes Exemplar. Fällt dann noch Schnee darauf, ist es um so schwerer für die Hunde, diese als zu umfahrendes Hindernis zu erkennen. Die Streckenposten werden sie darum nötigenfalls wieder aufrichten, um allen Teams die gleiche Chance zu gewähren.
DAS TOR
Die Aufgabe „Tor“ erfordert insbesondere Disziplin und
Konzentration des Mensch/Hund Teams.
Aufgabenbeschreibung:
Nach dem Signalschild, anhalten vor einem Tor, den Schlitten (Wagen) sichern und das Tor öffnen, dann das Tor durchfahren, anhalten hinter dem Tor, den Schlitten (Wagen) erneut sichern und das Tor wieder schließen.
Schwierigkeitsgrad: Mittel – bis 12 Punkte
Bewertungskriterien:
20. Hunde halten weitgehend auf Kommando
21. Musher sichert das Gespann vorbildlich
22. Hunde stehen ruhig und geduldig
23. Leithunde stehen Line-out
24. Gespann durchläuft das Tor zielstrebig
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Auch die Skandinavierklasse (mit der Pulka) ist beim Vielseitigkeitslauf vertreten. Die enge Zusammenarbeit mit dem/den Hund/en schafft eine Beziehung ganz besonderer Art. Nur wenn der Leader den Zurufen des Mushers folgt und die Kurven sauber ausläuft (kein abkürzen oder „schnibbeln“), wird sich das Team gute Ergebnisse erarbeiten können
DIE SACKGASSE
Hier zeigt sich ob das Hundeteam gut aufeinander eingestimmt ist, der Musher Ruhe bewahren und fest auf den Kufen stehen kann.
Aufgabenbeschreibung:
Nach dem Signalschild in eine Sackgasse abbiegen (nach Anweisung des Bewehrters erste oder zweite Einfahrt), bis zum Flatterband fahren, das Gespann wenden und zurückfahren.
Schwierigkeitsgrad: Schwer – 20 Punkte
Bewertungskriterien:
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Problemlose Einfahrt in die Sackgasse
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Leithunde wenden auf Kommando
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Musher bleibt auf dem Schlitten (Wagen) stehen
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Ganzes Team bildet eine Einheit
Keine Verwicklung der Hunde
ANFAHREN AM BERG
Diese Übung wird eher gegen Ende des Parkurs eingesetzt, um zu sehen, ob die Kraft nach mehreren Fahr-Kilometern noch ausreicht, um den Schlitten (Wagen) aus dem Stand heraus. aus eigener Kraft am Berg stehend an- und weg zu ziehen.
Aufgabenbeschreibung:
Anhalten, 30 Sek. Stopp, auf Kommando des Bewehrters anfahren (am Berg) ohne Mithilfe (schieben, pedalen, laufen) des Mushers.
Je eingespanntem Hundepaar 2 m fahren (2m = 2 Hunde, 4 m = 4 Hunde usw.).
Schwierigkeitsgrad: Leicht – 6 Punkte
Bewertungskriterien:
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Gespann wird auf Kommando angehalten
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Hunde stehen ruhig und geduldig
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Leithunde stehen Line-out
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Hundereagieren auf Startkommando sofort
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Alle Hunde ziehen, speziell Wheeler, motiviert und kräftig an und laufen/ziehen über die geforderte Streke.
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Keine Motivation
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Anspornen des Mushers nötig
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Schlechte Sicht (Nebel und Schneetreiben) lassen zwar den gut präparierten Trail „verschwinden“, aber es macht die Sache auch interessanter. Auch hier zeigt sich, was einen guten Leader ausmacht!
Zum Schluss noch Prüfungspunkte die beim Vielseitigkeitslauf in Berlin gestellt wurden:
NOTFALL
Aufgabenbeschreibung ca. 400 m vor dem Ziel:
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Dem Leithund bzw. einem Hund werden Booties angezogen
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Ein weiterer Hund wird in den Packsack gesetzt. Er muss nun bis ins Ziel in diesem Sack transportiert werden.